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siri hustvedt: damals

siri hustvedt: damals
roman
rowohlt, 2019
24.70 €

wie ehrlich sind wir zu uns selbst, wenn es darum geht, die eigene vergangenheit zu begreifen?

eine junge frau bezieht ein winziges zimmerchen im heruntergekommenen morningside heights. das jahr ist 1979, und s.h. kommt direkt aus der amerikanischen provinz; daher ihr spitzname: “minnesota”. das wilde new york lockt, und sie, die schriftstellerin werden will, genießt den schmutz wie den glanz, das turbulente leben wie die einsamkeit. alles neue saugt sie begierig in sich auf. so auch, durch die papierdünnen wände zur nachbarwohnung, die oft skurrilen monologe und gesungenen mantras ihrer nachbarin: lucy brite, liest sie auf dem klingelschild. doch mit der zeit wünscht sie, sie hätte nicht so genau hingehört. immer dringlicher werden lucys gesänge, immer klagender. von misshandlung ist die rede, von gefangenschaft, von kindstod, ja von mord. nach und nach wird die nachbarin zu einer immer schrecklicheren obsession. bis eines nachts ein dramatisches ereignis in minnesotas wohnung lucy brite in person auf den plan ruft – und nun beginnt ein geheimnis sich zu lüften… vierzig jahre später erzählt die gealterte s.h., inzwischen eine anerkannte schriftstellerin und wissenschaftlerin, was davor und danach geschah: erzählt von frauensolidarität und männerwahn, von liebe und geschlechterkampf, von gewalt und versöhnung. erzählt aber auch vom mysterium der zeit, von erinnerung und phantasie, von der art und weise, wie alles im leben zu geschichten wird, erzählt vom erzählen. und das mit einer unbändigen lust daran, die uns wünschen lässt, das buch wäre nie zu ende.

siri hustvedt wurde 1955 in northfield, minnesota, geboren. sie studierte literatur an der columbia university und promovierte mit einer arbeit über charles dickens. bislang hat sie sechs romane publiziert. mit “was ich liebte” hatte sie ihren internationalen durchbruch. zuletzt erschienen “der sommer ohne männer” und “die gleißende welt”. zugleich ist sie eine profilierte essayistin. bei rowohlt liegen von ihr die essaybände “leben, denken, schauen”, “nicht hier, nicht dort”, “being a man” und “die illusion der gewissheit” vor.